Quiet Cutting: Was Unternehmen jetzt besser machen müssen

Quiet Cutting ist die neue stille Strategie vieler Unternehmen: Statt Kündigungen auszusprechen, werden Mitarbeitende leise auf andere Positionen verschoben. Doch was auf den ersten Blick pragmatisch wirkt, wirft Fragen auf. Was bedeutet dieser Umgang für unsere Arbeitskultur – und wie beeinflusst er unser Verständnis von echter Führung?

Quiet Cutting beschreibt nicht einfach nur eine interne Umbesetzung. Es geht um das stille Umschichten von Mitarbeitenden auf neue, oft weniger attraktive Rollen – ohne echtes Gespräch auf Augenhöhe. Mir scheint, dass dabei häufig eine unausgesprochene Botschaft mitschwingt: Wir finden keinen Platz mehr für dich, wollen es dir aber nicht offen sagen. Eine aktuelle Studie des Workforce Institute zeigt, dass bereits 37 Prozent der befragten US-Angestellten mit Quiet Cutting konfrontiert wurden. Europa bleibt davon nicht verschont. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten scheint diese Strategie für Unternehmen verlockend – aber zu welchem Preis?

Wenn kurzfristige Rationalität auf Kosten langfristiger Beziehungen geht, ist das dann wirklich klug? Was bleibt, wenn Loyalität durch Angst ersetzt wird?

Andrea, Karrieregeflüster

Natürlich kann man argumentieren, dass Quiet Cutting Kündigungen vermeidet, Kosten spart und Flexibilität erhält. Aber ich frage mich: Wenn kurzfristige Rationalität auf Kosten langfristiger Beziehungen geht, ist das dann wirklich klug? Was bleibt, wenn Loyalität durch Angst ersetzt wird? Unternehmen riskieren durch stille Personalpolitik das, was sie eigentlich dringend brauchen: Vertrauen, Bindung, echte Motivation.
Meiner Meinung nach ist das stille Reassigning weniger eine smarte Lösung als vielmehr ein Ausdruck von Führungsschwäche. Wer Mitarbeitende hält, indem er sie leise verschiebt, wird früher oder später erleben, dass diese leise verschwinden.

Nicht jede Versetzung ist automatisch ein Karriereknick. Aber sie wird schnell dazu, wenn sie ohne Gespräch, Perspektive oder Sinn geschieht. Deshalb glaube ich: Wer betroffen ist, sollte nicht einfach hinnehmen, sondern bewusst hinterfragen. Warum diese Veränderung? Welche neuen Chancen könnten sich auftun? Wo spiegelt die neue Rolle noch meine eigenen Ziele wider – und wo nicht mehr? Manchmal kann eine unfreiwillige Neuorientierung auch der Anstoß für echte Weiterentwicklung sein. Aber nur, wenn sie auf echter Offenheit basiert – und nicht auf verdecktem Desinteresse.

Für mich zeigt Quiet Cutting vor allem eines: Es fehlt vielerorts immer noch an echter Dialogkultur. Wirklich moderne Unternehmen müssten gerade in Krisenzeiten die unbequemeren Wege gehen – offene Gespräche führen, Unsicherheiten teilen, gemeinsam Lösungen entwickeln. Statt Personalpolitik als stille Schachpartie zu betreiben, sollten wir uns fragen: Wie gestalten wir Arbeitsbeziehungen, die von Respekt, Transparenz und echter Wertschätzung geprägt sind? Denn nur wenn wir bereit sind, die leisen Konflikte laut anzusprechen, können wir die Kultur schaffen, die wir oft so vollmundig versprechen.

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Quiet Cutting ist ein stilles Symptom für eine laut fehlende Gesprächskultur. Wenn wir wollen, dass Arbeit mehr ist als bloße Ressourcennutzung, dann müssen wir anfangen, offen und mutig miteinander zu reden – auch und gerade dann, wenn es unbequem wird. Was meinst du: Ist Quiet Cutting eine notwendige Anpassung an harte Zeiten – oder ein Rückschritt in alte Machtmuster?

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  • Super, dass Sie dieses wichtige Thema ansprechen und Ihre Haltung immer mit Fokus auf den Menschen liegt, Frau König!! Ich sehe die andere Seite von QUIET CUTTING und diese Vorgehensweise wurde bereits 2021 in einem österreichischen Großunternehmen an ca 300 Mitarbeitenden (in aller Stille, also quiet) vollzogen. Unter dem Titel (bzw willkommenen „Vorwand“) Corona wurden diese „detektierten“ Mitarbeitenden (Arbeiter, Angestellte) mit Quiet Cutting einseitig – in einer extrem unschönen Art – unsanft versetzt, darunter auch „Ältere/Unkündbare“ (einige davon nur mehr wenige Jahre vor der Regelpension!), die durch so eine gesprächslose (da bequem!) Versetzung zum Selber gehen zermürbt werden sollten, was auch in etlichen Fällen gelang. Mit solchen Versetzungen soll das Image für das Unternehmen weiterhin gewahrt bleiben und soll natürlich in der Öffentlichkeit keinesfalls mit einer AMS-Frühwarnsystem-Meldung unangenehm auffallen, bzw. teure Abfertigungen möglichst „verhindert“ werden. Mit diesem Vorsatz wird QUIET CUTTING auch in den USA angewendet (Anmerkung: meine Recherchen stammen vom Sommer 2023, erst in diesem Jahr sind einige Artikel in deutschsprachigen Medien online aufgetaucht). D.h. wenn Quiet Cutting vorsätzlich als Instrument zur verzögerten Mitarbeiterfreisetzung verwendet wird, ohne in der Öffentlichkeit negativ aufzufallen oder sich teure Anwalts- und Gerichtskosten bei Klagen zu ersparen, dann hilft auch keine Dialogkultur, weil gerade MIT Quiet Cutting Gespräche seitens der Unternehmen überhaupt nicht gewünscht sind. Natürlich KÖNNTE Quiet Cutting eine temporäre Anpassung sein, dann aber MIT Gesprächen mit Betroffenen (und nicht wortlos über die Köpfe hinweg) und transparenten Prozessen, denn es gibt immer auch andere, konstruktive Wege MIT seinen langjährigen, oft jahrezehntelangen Mitarbeitenden respektvoll umzugehen und „echte Versetzungsjobs“ intern bzw -angebote anzubieten. In diesem Fall von dem ich spreche, hat der/die Personalverantwortliche bei den zu Beginn sehr rüden Versetzungen in einem Mail den Führungskräften mitgeteilt, dass [„… sonst die Vorgehensweise einer fristlosen Entlassung gleichkommt ….“]. Übrigens ein Großunternehmen, von dem man sich „eigentlich“ so eine mitarbeiterverachtende Vorgehensweise nicht erwarten würde. Denn auch bei den Survivors ist Quiet Cutting nicht spurlos vorüber gegangen, wenngleich viele darüber hinter vorgehaltener Hand darüber reden, aus Angst, nicht irgendwann auch auf die Weise „entsorgt“ zu werden.

    • Herzlichen Dank für Ihren eindrucksvollen Beitrag und Ihre Offenheit. Ihre Schilderung macht sehr deutlich, wie gravierend die Auswirkungen von Quiet Cutting sein können – vor allem dann, wenn es gezielt als strategisches Druckmittel eingesetzt wird, um Menschen systematisch zu zermürben. Besonders erschütternd finde ich, wie oft langjährige, ältere Mitarbeitende betroffen sind – und wie still solche Maßnahmen oft bleiben, weil sie nach außen „sauber“ wirken sollen.

      Ich stimme Ihnen zu: Wenn Quiet Cutting bewusst genutzt wird, um Kündigungen zu umgehen, Kommunikation zu vermeiden und soziale Verantwortung abzugeben, dann sprechen wir nicht mehr von misslungener Kommunikation, sondern von strukturellem Machtmissbrauch. Umso wichtiger ist es, dass wir diese Praktiken sichtbar machen – und dass wir Führung neu denken: transparenter, dialogorientierter und mit echtem Respekt vor den Menschen, die ein Unternehmen tragen.

      Danke, dass Sie das so klar benennen.

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