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Die Neuverteilung von Zeit

Stell dir vor, wir könnten das Konzept von Zeit völlig neu denken – nicht als starres, unveränderbares System, sondern als etwas, das wir gestalten und anpassen können. Dieser Artikel fordert genau das: ein radikales Umdenken in Bezug auf Arbeitszeit, Gleichberechtigung und die Verteilung von Care-Arbeit. Denn die Welt, in der wir leben, steckt in alten Strukturen fest, die Ungleichheit eher fördern als abbauen. Was wäre, wenn wir diese Strukturen hinterfragen und mutig neue Wege gehen? Lass dich inspirieren von Ideen, die den Status quo herausfordern und dazu aufrufen, Arbeits- und Lebenszeit gerechter und flexibler zu gestalten. Bist du bereit, die Zukunft neu zu denken?

Wir müssen über ein neues Zeitverständnis nachdenken. Wir dürfen derzeitige Strukturen in Frage stellen und auch ganz kreativ sowie utopisch über neue veränderte Systeme reflektieren. Warum? Das System hakt – und zwar gewaltig! Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern ist präsent und allgegenwärtig. Genauso wie die damit verbundenen Themen Arbeits- und Fachkräftemangel, Arbeitszeitverkürzung, Produktivität, faire Entlohnung (New Pay) und viele weitere mehr. Wir leben in einem System, welches immer schneller und öfter mit Disruptionen konfrontiert wird und damit die Ungleichheit eher verstärkt, als Maßnahmen zu ergreifen, die hier entgegenwirken. Und was machen wir: Wir schauen zu. Oder noch schlimmer: Wir wehren uns gegen Veränderung und verteidigen es noch.

Sieht man sich beispielsweise die Debatte um eine mögliche 4-Tage-Woche, also eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, an, dann gibt es immer noch sehr viele Menschen, die sich dagegen wehren. Dies sind aber nicht nur Unternehmer:innen, die befürchten nicht mehr positiv wirtschaften zu können. Häufig sind es Arbeitnehmende, die von einer verkürzten Wochenarbeitszeit profitieren würden. Sie hätten beispielsweise mehr Zeit für Erholung, für Hobbies, für Familie oder auch für ein Ehrenamt. Doch viele verteufeln regelrecht diesen Wandel. Dabei sind sie es, die genau unter dem derzeitigen 5 Tage/40h-Modell leiden, oftmals ohne es zu wissen bzw. zu reflektieren. Denn die Verteilung von Zeit ist nicht gottgegeben oder ein Naturgesetz. Nein, diese wurde vor langer Zeit festgesetzt/ausverhandelt. Meint demnach auch: Sie ließe sich auch wiederum ändern.

„Wie würde sich unser Blick auf Arbeit verändern, wenn wir 5 Stunden Erwerb und 5 Stunden Care als Normalarbeitstag bezeichnen (…) würden?“, meint Autorin Teresa Bücker. In diesem spannenden Brand Eins-Interview spricht die Autorin über ihr Buch „Alle Zeit – Eine Frage von Macht und Freiheit“ und damit auch über eine neue Zeitkultur. Sie fordert darin eine Abkehr von der bisherigen Praxis, die Erwerbsarbeit ins Zentrum des Lebens stellt. Die alleinige Identifikation durch den Job ist schädlich, weshalb sie eine Entkoppelung von Anerkennung und Erwerbsarbeit fordert. Diese Erfahrung hatte sie selbst gemacht. Erst in der Elternzeit nach der Geburt ihres ersten Kindes wurde ihr bewusst, dass der Selbstwert nicht ausschließlich von einem Job (der wegfallen könnte) abhängen darf. Dafür braucht es eine Neuverteilung von Zeit. Dreht sich weiterhin alles um die Erwerbsarbeit, ist es schwierig ein Gegengewicht zu etablieren.

Eine Gesellschaft, die sich Gleichberechtigung ins Grundgesetz geschrieben hat, muss dafür sorgen, dass Care-Arbeit fairer verteilt und entlohnt wird!

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Teresa Bücker, Autorin & Publizistin

In ihrem Buch stellt sie das Modell der Soziologin Frigga Haug vor: 4 Stunden Erwerbsarbeit pro Tag, 4 Stunden Sorgearbeit, 4 Stunden kulturelle Arbeit & 4 Stunden politische Arbeit. Dieses Modell meint jedoch nicht, dass alle „To Do’s“ an einem Tag erledigt werden sollen. Es dient eher als Denkanstoß für eine Neuverteilung von Zeit, die die Erwerbsarbeit nicht im Zentrum sieht, um welches sich das ganze Leben drehen sollte. Das große Problem ist, dass nur bezahlte Arbeit als solche anerkannt wird. Der Großteil von Care Arbeit wird von Frauen geleistet: Weil Frauen öfter Kinder und pflegebedürftige Angehörige betreuen, sind sie häufiger in Teilzeit tätig, finanziell abhängig von ihren Partnern und von Altersarmut bedroht.

Ich kann mich nur der Autorin anschließen, wenn sie meint: „Eine Gesellschaft, die sich Gleichberechtigung ins Grundgesetz geschrieben hat, muss dafür sorgen, dass Care-Arbeit fairer verteilt und entlohnt wird.“ Wir dürfen Zeit neu denken. Jene Strukturen, so wie wir sie gerade vorfinden sind kein Gesetz, was auf alle Zeit festgeschrieben wurde. Wir dürfen mutig sein und Bestehendes hinterfragen, ob es heutzutage immer noch die gleiche Gültigkeit und Legitimation besitzt. New Work ist ein Spirit, der die Bedürfnisse der Menschen in den Vordergrund rückt. Wenn für manche flexible Arbeitszeiten die Lösung sind, dann können es für andere fixe Zeiten sein. Die neue Arbeitswelt ist kein „entweder-oder“, sondern „ein sowohl-als-auch“, bei dem wir die Freiheit besitzen sollten, festgefahrene Strukturen in Frage zu stellen und neue innovative sowie bedürfnisorientierte Modelle zu entwickeln – auch gerne „out of the box“ und so, wie es davor noch niemand gewagt hatte.

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