Andrea König ist Soziologin, Business Mental Coach, New Workfluencer und…
Hallo, mein Name ist Robert H. und ich verbreite Fake News zur Pandemie auf LinkedIn. Bald wird jede/r von uns jemanden wie Robert H. kennen. Vielleicht ja bereits jetzt und es ist sogar der langjährige Kollege aus dem Office? Was tun, wenn Employer Branding plötzlich in die falsche Kerbe schlägt und die Jobbotschafter:innen nicht mehr die Werte und Positionen des Unternehmens kommunizieren? Warum jetzt die beste Zeit ist, für seine Meinung einzustehen und gegen Anti-Jobbotschafter:innen vorzugehen …
Wo Meinungsfreiheit an ihre Grenzen kommt
Noch nie waren die sozialen Netzwerke so voll mit Fake News wie jetzt. Diese Aussage lässt sich vielleicht empirisch widerlegen, doch spiegelt sie meine subjektive Wahrnehmung wider. Mir kommt vor, dass gewisse Medien (Videos, Artikel, fragwürdige Studien etc.) in den Netzwerken noch unreflektierter geteilt werden als sonst und deshalb Meldungen verbreitet werden, die so einfach nicht stimmen. Tendenz steigend! Speziell jene, die sich vielleicht in den letzten Jahren mit ihrer online Kommunikation und somit der öffentlichen Darstellung ihrer privaten Meinung sehr zurückgehalten haben, tauchen vermehrt auf. Denn ja, du bist überall Jobbotschafter:in. Deine Kommunikation lässt immer Rückschlüsse auf das Unternehmen zu. Überdies: Kann es sein, dass das Gefühl entsteht, man dürfte extreme und verquerte Ansichten aktiv nach außen vertreten und sie mit aller Vehemenz durchsetzen – und das alles unter dem Deckmantel der (Meinungs)Freiheit?
Jobbotschafter:innen kommunizieren nicht nur in der virtuellen Welt
Doch nicht nur die sozialen Netzwerke, sondern auch die Straßen werden von diesen Menschen okkupiert und zur Verbreitung derer wüsten Theorien vereinnahmt. Hier in Wien fast jeden Samstag – zwischen Lockdown und Nachmittagsspaziergang schlägt einem regelmäßig Rechtsextremismus, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit und ganz viel Hass entgegen. Gefühlt sind sie also überall! Doch muss man dem entgegenhalten, dass es sich dennoch um eine Minderheit in der Gesellschaft handelt, die sich aber zunehmend und angeheizt durch Wähler:innenstimmenfänger:innen, in eine gefährliche extremistische und gewalttätige Gruppierung verwandelt. Und die Medien halten drauf: Egal ob Print-, TV- oder Onlinemedien, alle beziehen genau jene in ihre Berichterstattung ein, die dort eigentlich gar keinen Raum verdient haben. Aber so what! Nicht nur „sex sells“, sondern auch der Voyeurismus der Extreme.
Es liegt an jeder/jedem Einzelnen hier konsequente Schritte zu setzen und nicht die Augen zu verschließen, weil es vielleicht bequemer ist. Man muss diesen Menschen mit Konsequenz und Haltung begegnen!
Andrea, Karrieregeflüster
Jobbotschafter:innen kommunizieren überall
Mittlerweile klicke ich aktiv bei derartiger Berichterstattung weg. Ich möchte diesen Menschen einfach nicht mehr zuhören müssen und mir deren realitätsfernen Theorien geben. Es ist schon lange an der Zeit, hier einen persönlichen Schlussstrich zu ziehen. Ich achte darauf, dass dieser „Mist“ nicht mehr zu sehr an mich herankommt. Denn ob du es glaubst oder nicht: Auch wenn man genau weiß, dass es Schwachsinn ist – auch wenn man zum Schluss des Interviews mit einem der Extremist:innen sich kopfschüttelnd und mit einem müden Lächeln abwendet, diese Eindrücke bleiben unbewusst hängen. Sie beschäftigen uns auch weiterhin, wenn vielleicht auch nur im Unterbewusstsein. Abgesehen davon, kann man bei derartigen Berichterstattungen auch unangenehme Überraschungen erleben. Was wäre, wenn du plötzlich unter dieser Gruppierung jemanden erkennst, der dir nicht ganz fremd ist: deine/n Arbeitskolleg:in, also eine/n Jobbotschafter:in, beispielsweise?
Wann hört die private Meinung auf und wird geschäftsschädigend?
Die Wahrscheinlichkeit in den sozialen Medien zufällig auf diese Anti-Jobbotschafter:innen und Fake News-Verbreiter:innen zu treffen, ist vielleicht höher als im TV oder in Printmedien. Aber was tun, wenn so jemand ein/e Jobbotschafter:in ist und direkt neben einem selbst sitzt – sei es virtuell oder im Office? Und was passiert, wenn sich diese Person kein Blatt vor dem Mund nimmt und seine/ihre wissenschaftsferne Meinung noch öffentlich kundtut? Ab wann müssen/können Unternehmen einschreiten? Wann hört die private Meinung auf und wird plötzlich geschäftsschädigend oder zumindest widersprüchlich zu jener des Unternehmens? Diese und viele weitere Fragen tauchen speziell im Kontext der angedachten Impfpflicht verstärkt auf.
Anti-Jobbotschafter:innen: Diese Schritte muss man setzen
Recht schnell können so Mitarbeiter:innen, die speziell aus Sicht des Employer Brandings als wertvolle Jobbotschafter:innen angesehen werden, zu einer Gefahr für das Image eines Unternehmens werden. Authentizität und Unternehmensnähe – ja, aber bitte nicht so! Unternehmen müssen sich dem aktiv annehmen und allgemeine, als auch sehr individuelle Schritte setzen. Aber wir alle können unsere Stimme einsetzen und diesen Menschen entgegentreten. Müssen wir sogar!
Her mit den Social Media Guidelines!
Wann, wenn nicht jetzt ist der beste Zeitpunkt für Social Media Guidelines für Jobbotschafter:innen? Sollte ein Unternehmen keine besitzen, dann bedeutet dies keine Zeit zu verlieren. Besteht ein derartiges Regelwerk, dann ist jetzt eine gute Möglichkeit, dieses nochmals aktiv im Unternehmen zu kommunizieren und für alle bereitzustellen. Bestenfalls mit einer starken Message des Managements, wie man zu den aktuellen Entwicklungen steht. Alle Mitarbeiter:innen sollen und müssen wissen, wie eine Organisation zu einem gewissen Thema steht. Für diese Transparenz gilt es zu sorgen und vor allem auch dahingehend, welche Rahmbedingungen und vielleicht auch Konsequenzen es im Unternehmenskontext gibt.
Weg mit den Anti-Jobbotschafter:innen!
Wenn du mir auf LinkedIn folgst, dann hast du vielleicht meinen Post bereits bemerkt: Ich habe angekündigt, alle Menschen aus meinem Netzwerk zu entfernen, die aktiv Fake News oder wissenschafts- und damit auch demokratiefeindliche Inhalte teilen. Das Posting hat viel Zuspruch erhalten, was mich natürlich sehr freut. Doch wichtiger war mir, hier auch ein Zeichen zu setzen: Es liegt an jeder/jedem Einzelnen hier konsequente Schritte zu setzen und nicht die Augen zu verschließen, weil es vielleicht bequemer ist. Man muss diesen Anti-Jobbotschafter:innen mit Konsequenz und Haltung begegnen. Erst heute hat ein solcher Schwurbler genau dieses Posting mit einem Link zu einer sehr fragwürdigen Key Note eines Impfgegners kommentiert. Auch wenn ich sonst gegensätzliche Meinungen schätze, gibt es für mich bei diesem Thema keinen Spielraum. Neu ist auch, dass speziell Menschen, die derartigen Müll im Netz bzw. auf LinkedIn verbreiten, einfach mal ihren Nachnamen, bis auf den ersten Buchstaben, weglöschen um so „anonymer“ zu bleiben. Trotzdem ist neben der Positionsbeschreibung aber der/die Arbeitgeber:in groß im Profil zu lesen.
Her mit individueller Aufklärung!
Was vielleicht auf LinkedIn recht einfach mit „melden“ & „blockieren“ klappt, kann sich im Unternehmenskontext als schwieriges Unterfangen herausstellen. Denn obwohl vielleicht Informationskampagnen, Impfaktionen uvm. bereits organisiert wurden, erreicht man damit immer noch nicht alle Jobbotschafter:innen. Dies ist bei Change Prozessen auch ein ganz normaler Vorgang. Es gibt immer einen Anteil jener, die sich gegen Veränderungen/Neuerungen wehren oder diese an sich vorüberziehen lassen. Im Kontext der Gesundheit von Menschen ist diese Haltung zwar sehr problematisch, doch evident. Deshalb ist es abseits großer Initiativen auch extrem wichtig, Gespräche in kleinen Gruppen oder unter vier Augen zu führen. Hier sind Führungskräfte ganz stark gefordert, auf die Werte und Interessen des Unternehmens (und in diesem Falle der gesamten Gesellschaft) aktiv hinzuweisen und ihren Standpunkt vehement zu vertreten. Einerseits hilft hier der Verweis auf interne Entscheidungen, Guidelines und Reglements, die getroffen wurden. Andererseits auch auf verifizierte externe Quellen und Angebote, die helfen, Unwahrheiten objektiv widerlegen zu können. Herrscht noch Gesprächsbereitschaft, dann ist dies oft der zielführendste Weg, Irritationen und Missglauben aus dem Weg zu räumen.
#Fazit
Jede/r von uns wird bald einen Menschen wie Robert H. kennen! Vielleicht ist dies sogar ein langjähriger Office Kollege – wer weiß es schon?! Wichtig ist, dass man nicht wegschaut und ihn oder sie reden lässt. Nicht nur bei anderen Jobbotschafter:innen, sondern auch bei Unternehmen ist jetzt Zivilcourage gefragt. Auch im Sinne eines erfolgreichen Employer Brandings: Es wird der Umgang mit derartigen Anti-Jobbotschafter:innen aus Unternehmen mitverfolgt und bewertet – intern, aber auch extern in den sozialen Medien. Derzeit ist mir ein derartiger Fall noch nicht bekannt, der große Wellen geschlagen hätte. Es liegt an uns, gemeinsam gegen diesen Extremismus vorzugehen und Position zu beziehen. Genau dies gelingt uns durch die sozialen Medien. Wir sind die Mehrheit. Zeigen wir es auch!
#LinkBox:
Artikel: Unternehmen werben gemeinsam für’s Impfen
Ratgeber für Unternehmen in Zeiten des Coronavirus
Podcast „Blick nach Vorne“ von Franz Kühmayer – Episode 57 „Widerstand überwinden“
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Andrea König ist Soziologin, Business Mental Coach, New Workfluencer und Gründerin des Blogs „Karrieregeflüster“. New Work sieht sie als Chance, die beste Version von uns selbst zu sein und somit nachhaltig die Arbeitswelt zu verändern.